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Der gerechte und liebende König

"König", sagte eine Stimme ihm, "denk an deine Pflicht der Gerechtigkeit. Wenn sie Halt macht vor deinem eigenen Fleisch und Blut, wer wird deinem Wort glauben, deinen Willen noch ernst nehmen?" 
"Es ist deine Mutter", sagte eine andere weiche Stimme dagegen. - Nach drei Tagen ließ der König sein Volk versammeln. Bleich, in düsterer Entschlossenheit, stand er da. Vor des Thrones Stufen kniete zitternd die Mutter und daneben stand der Henker. 
Und der König sprach: "Es ist meine Königspflicht, das Recht zu wahren! Die Schuld muss gebüßt, das Gesetz muss erfüllt werden. Wohlan denn, Henker, tue deine Pflicht und weh dir, wenn du sie anders tust als an dem letzten Sklaven!" 
Aber als unter tiefem Schweigen des Volkes der Henker die Geißel ergriff, da riss der König seinen Mantel von den Schultern, Sprang vor und rief: "Ich bin ihr Fleisch und Blut, ich trage ihre Strafe, schlage mich!" - Und Schlag auf Schlag fiel die Geißel auf des Königs Rücken, bis er ohnmächtig in seinem Blut lag. So hat Schamil die Königspflicht der Gerechtigkeit geeint mit der Sohnespflicht der Liebe. [1]

Fragst du dich nun: Was hat diese Geschichte mit mir zu tun? Dann lies weiter.

[1] Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 1529
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